Es ist noch nicht lange her, da war die Situation relativ einfach: Die Eltern waren entweder Mitglied der reformierten Kirche oder der katholischen Kirche. Die Kinder wurden entsprechend der Konfession der Eltern getauft und besuchten dann den Religionsunterricht dieser Kirche.
Sind jedoch die Eltern nach einem Kirchenaustritt konfessionslos, so bezahlen sie keine Kirchensteuer mehr, obwohl trotzdem Kosten für den Religionsunterricht der Kinder anfallen. Einige Kinder werden von den Eltern nicht getauft und sind konfessionslos, dennoch wollen diese Eltern ihre Kinder zur ethischen Bildung in den Religionsunterricht schicken.
So sind neue Fragestellungen und unterschiedliche Sichtweisen dazu entstanden, worüber das Medienportal ref.ch in einem Artikel berichtete:
► Konfessionslose: «Schmarotzer» beim kirchlichen Unterricht?
Die Teilnahme konfessionsloser Kinder am konfessionellen Religionsunterricht wirft viele Fragen und Spannungsfelder auf, wie ein Blick in die Praxis der reformierten Kirchen in der Schweiz zeigt. Während in einigen Kantonen und Kirchgemeinden ein offener, kostenfreier Zugang betont wird, sehen andere die Notwendigkeit, auch von Nichtmitgliedern einen finanziellen Beitrag zu verlangen. Die unterschiedlichen Handhabungen spiegeln dabei nicht nur praktische Herausforderungen, sondern auch tiefere theologische und gesellschaftliche Überlegungen wider.
Kantone Bern, Kanton Aargau, Kanton Schaffhausen
In Kantonen wie Bern, Aargau oder Schaffhausen wird bewusst auf eine Gebührenerhebung verzichtet. Hier steht der diakonische Auftrag im Vordergrund: Kindern, unabhängig von der Konfessionszugehörigkeit ihrer Eltern, den christlichen Glauben und soziale Werte nahezubringen. Diese Haltung stellt die Inklusion und die Möglichkeit zur Begegnung in den Mittelpunkt und betont, dass Bildung und Wertevermittlung über finanzielle Fragen hinausgehen sollten. Der Sprecher der Aargauer Landeskirche hebt hervor, dass das Ziel über den monetären Aspekt hinausgeht: die Kinder sollen gestärkt und geprägt werden – unabhängig davon, ob die Eltern Kirchensteuern zahlen oder nicht.
Kanton Uri
Demgegenüber steht die Ansicht, dass es unfair sei, wenn Kirchensteuerzahlende für den Unterricht von Kindern aufkommen, deren Eltern keinen Beitrag zur Kirche leisten. Im Kanton Uri vertritt man eine pragmatische Haltung: Rechnungen an Nichtmitglieder zu senden, sei nicht nur eine Frage der Gerechtigkeit, sondern auch ein Signal an Steuerzahlerinnen und Steuerzahler. Diese Handhabung zeigt jedoch auch die Ambivalenz: Während einige Eltern daraufhin eine erneute Mitgliedschaft in der Kirche in Betracht ziehen, entscheiden sich andere, ihre Kinder vom Unterricht abzumelden. Dies verdeutlicht, wie stark finanzielle Regelungen die Teilnahme und Wahrnehmung des Religionsunterrichts beeinflussen können.
Kanton St. Gallen, Kanton Zürich
Noch differenzierter wird es, wenn man die Begründungen einzelner Kirchgemeinden betrachtet. Während etwa in St. Gallen ein Brief die Eltern um einen freiwilligen Beitrag bittet, weil ein Rechnungssystem den Grundideen der Kirche widerspräche, erheben andere Landeskirchen klare Beträge. Diese reichen von 100 Franken in Graubünden bis zu einer empfohlenen Summe von 400 Franken in Zürich. Solche Empfehlungen sind jedoch nicht bindend, und die Gemeinden können individuell entscheiden, ob und wie sie diese umsetzen.
Kanton Baselland
Besonders bemerkenswert ist der Ansatz der reformierten Kirche Baselland, die von der Gebührenerhebung wieder Abstand genommen hat. Der administrative Aufwand, die schwierige Kommunikation mit Eltern und das Missverhältnis zwischen Kosten und Ertrag haben dazu geführt, den Religionsunterricht erneut als diakonischen Bildungsauftrag zu verstehen. Dieser Perspektivenwechsel legt den Fokus auf eine stärkere Integration aller Kinder, unabhängig von der religiösen Zugehörigkeit ihrer Familie, und unterstreicht, dass Bildung in Glaubensfragen nicht primär auf ökonomische Abwägungen reduziert werden sollte.